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Unsere Aktuellen 10

Biedermann Nelio : Lázár
Roman
Hamburg ; Rowohlt ; 2025 ; 336 Seiten ; ISBN: 978-3-644-02354-3

Anfang des 20. Jahrhunderts: Lajos von Lázár, ein blondes Kind mit blauen Augen wird geboren. Es wächst in der adeligen Familie im Waldschloss auf, welches im südlichen Ungarn seit Generationen besteht. Als Lajos nach der Volljährigkeit und dem Tod der Eltern die Geschicke übernimmt ahnt er noch nicht, was dieses Jahrhundert noch so mit sich bringt. Nach dem Ersten Weltkrieg blüht alles nochmals auf, bevor es dann in ein ganz dunkles Kapitel des 20. Jahrhunderts geht. Lajos verliebt sich, bekommt mit seiner Frau zwei Kinder und ahnt noch nicht, dass nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch nicht alles vorbei ist.

Diese Familiensaga, die um die Jahrhundertwende ihren Anfang nimmt, deckt auch die Geschehnisse im Europa des 20. Jahrhunderts ab. Das Schicksal der Familie Lázár steht beispielhaft für Vieles, was in dieser Zeit passiert ist. Der Roman, der auf etwas mehr als 300 Seiten ein ganzes Jahrhundert unterbringt, ist etwas Besonderes unter den Neuerscheinungen 2025. Der junge Schweizer Autor Nelio Biedermann legt ein fulminantes Werk vor. Teils sehr detailreich beschrieben aber ohne jegliche Langatmigkeiten, andererseits nur sehr grob skizziert, ist es eine Freude, Lajos beim Älterwerden zu begleiten.

Fazit: ein absolutes Highlight im Lesejahr 2025

Caplin Julie : Das kleine Zuhause in Prag
Roman
Hamburg ; Rowohlt ; 2025 ; 414 Seiten ; ISBN 978-3-499-01726-1

Es klingt für Anna wie ein Hauptgewinn im Lotto : auf Einladung einer tschechischen Organisation darf sie in Prag in einer Brauerei hospitieren, ihr eigenes Bier brauen und hat auch noch die Chance eine komplette Brauereiausstattung zu gewinnen. Für die Zeit in Prag wird ihr eine tolle Dachgeschoßwohnung zur Verfügung gestellt, die sie sich allerdings mit einem Mitbewohner teilen muss, der ebenfalls an dem Programm teilnimmt.
An und für sich wäre so eine WG ja nicht schlimm, doch der Mitbewohner und Konkurrent ist ausgerechnet Leo, mit dem Anna mal verheiratet war. Erst nimmt Anna sich vor, sich nur auf ihren eigentlichen Aufenthaltsgrund zu konzentrieren und alles andere auszublenden. Doch schon bald wird deutlich, dass Leo und Anna immer noch Gefühle füreinander haben und die Tatsache, dass sie sich eine Wohnung teilen macht die Sache etwas kompliziert. Noch dazu übt die Stadt Prag einen Zauber auf die beiden aus, die in beiden romantische Gefühle weckt. Haben sie eine zweite Chance?

Der neue Band der beliebten Romantic Escapes-Reihe von Julie Caplin führt in die Goldene Stadt. Diese hat nicht nur architektonisch einiges zu bieten, sondern auch kulinarisch. Seit jeher ist Tschechien für seine Bierbrauerkunst bekannt und diese steht auch im Mittelpunkt der Geschichte um Anna und Leo. Wieder einmal ist es der Autorin gelungen, eine schöne Mischung aus Liebesgeschichte und Mini-Reiseführer zu schaffen.
Es fühlt sich an, als würde man selbst durch die Gassen von Prag spazieren und den Zauber der Stadt auf sich wirken lassen.

Fazit: garantiert gute Unterhaltung

Falk Rita : Steckerlfischfiasko
Ein Provinzkrimi
München ; dtv ; 2023 ; 284 Seiten ; ISBN 978-3-423-26377-1

Äußerst unschön ist das, was sich im Golfclub von Niederkaltenkirchen abgespielt haben muss. Vielen ist der Club samt der Schicki-Micki-Gesellschaft die sich dort tummelt ohnehin ein Dorn im Auge. Doch selbst der Simmerlmetzger und der Flötzinger scheinen neuerdings zur den feinen Golfmenschen zu gehören. Letzterer natürlich vor allem wegen der Frauen. Als Franz Eberhofer allerdings in den Golfclub gerufen wird, gibt es eine Leiche. Den Chef des Clubs, der noch dazu als Steckerlfischkönig bekannt ist. Franz lässt sich vom lieben Rudi Birkenberger dieses Mal mehr als tatkräftig unterstützen, hat er doch privat derzeit so viel um die Ohren, dass für die Polizeiarbeit keine Zeit bleibt. Zum einen ist die Oma auf Kur und die eigens engagierte Haushaltshilfe glänzt vor allem damit, ihre Aufgaben an den Leopold und den Papa zu delegieren. Die Susi ist immer noch von der fixen Idee besessen, Bürgermeisterin zu werden und plakatiert ganz Niederkaltenkirchen zu mit ihrem Wahlplakat. Tja, und dann ist da ja auch noch Sohn Pauli, der ausgerechnet Ballett als Hobby ausgewählt hat, was dem Eberhofer erstens ein Rätsel und zweitens überaus peinlich ist. Wer soll den bei all dem Durcheinander auch noch einen Mord aufklären?

Der zwölfte Fall für den Provinzkommissar Eberhofer ist wie erwartet wieder eine gelungene Mischung aus Krimi und Familien- bzw. Dorfgeschichte. Die Charaktere sind einem ja mittlerweile so ans Herz gewachsen, dass der Mordfall an sich ohnehin nicht so wichtig ist. Man will ohnehin lieber wissen, wie es mit den einzelnen Figuren weitergeht, wie sich diese entwickeln. Wer sich einen Eberhofer-Krimi kauft, der weiß mittlerweile, dass er mit kurzweiliger Unterhaltung rechnen kann.

Fazit: ein typischer Eberhofer: lustig, kurzweilig und unterhaltsam

Lühmann Hannah : Heimat
Roman
München ; hanserblau ; 2025 ; 169 Seiten ; ISBN 978-3-446-28282-7

Jana lebt den vermeintlichen Traum vom Leben auf dem Land. Vor kurzem ist sie aus der Stadt mit ihren beiden Kindern und ihrem Partner in ein eigenes Haus mit Garten gezogen. Sie hat ihren Job gekündigt, weil sie wieder schwanger ist und hadert, wie es für sie beruflich weitergehen soll mit den bald drei kleinen Kindern. Als sie dann eines Tages der charismatischen Karolin begegnet, verändert sich einiges. Karolin inszeniert sich sehr erfolgreich auf Instagram als Tradwife. Sie feiert dort traditionelle Werte, ein klassisches Rollenbild und insgesamt den Rückzug ins Private. Mit steigender Faszination verfolgt Jana jeden Post von Karolin und ist bald auch Teil der von Karolin organisierten Veranstaltungen, die auch mit der AFD zu tun haben. Währenddessen zieht sich Janas Partner mehr und mehr zurück und es gipfelt in einer massiven Beziehungskrise.

Dieses doch sehr dünne Bändchen ist sehr ambitioniert, denn es reißt viele topaktuelle Themen an. Das Buch ist gut geschrieben, aber es hat doch ein wenig die Tiefe gefehlt. Am Ende bleibt man dann etwas ratlos zurück.

Fazit: Eine gute Idee, die aber leider etwas schwach umgesetzt wurde

Höflich Sarah : Maikäferjahre
Roman
München ; dtv ; 2025 ; 462 Seiten ; ISBN 978-3-423-26288-0

Deutschland befindet sich mitten im Zweiten Weltkrieg. Während Tristan als Luftwaffenpilot in britischer Kriegsgefangenschaft landet, schlägt sich seine Zwillingsschwester Anni mit ihrer neugeborenen Tochter durch. Die Eltern der beiden sind tot, ihre Heimatstadt Dresden ist total zerbombt und dann gibt es da auch noch den jüdischen Stargeiger Adam, den der Vater vor den Nazis verstecken konnte und ihm so das Leben rettete. Adam fühlt sich daher für Anni und die kleine Clara verantwortlich und möchte sie beschützen. Das ist er seinem Retter schuldig. Doch schon bald müssen die beiden erkennen, dass sie nirgends sicher sind und das Gedankengut der Nazis immer noch tief in den Köpfen sitzt, auch wenn der schreckliche Krieg längst vorbei ist. Nach verschiedenen Stationen schlägt sich das Dreiergespann bis nach Österreich durch, wo Annis Verwandtschaft lebt und wo auch ihr im Krieg verschollener Mann Fritz herkommt. Doch auch wenn bekannt wird, dass Fritz offenbar den Krieg nicht überlebt hat, ist die Dorfgemeinschaft nicht bereit, Anni und Adam zu akzeptieren. Unterdessen verliebt sich Tristan unsterblich in die Krankenschwester Rosalie, die ihn als einzige nicht als den Feind sondern als schwer verwundeten Menschen sieht und sich liebevoll um ihn kümmert. Dass sich zwischen den beiden eine verbotene Liebe entwickelt, wird schon bald zum Problem. Rosalies Bruder, der ebenfalls als Soldat im Krieg war, ist nicht bereit, den Feind in seiner unmittelbaren Nähe zu akzeptieren. Überall schlägt den beiden Hass entgegen, der vor körperlichen Angriffen nicht halt macht. Auch wenn Anni und Tristan spüren, dass der andere noch am Leben sein muss, zermürbt sie die Ungewissheit. Ob sich die beiden je wiedersehen und allen Anfeindungen zum Trotz ein neues Leben aufbauen können?

Das Schicksal Geschwister steht für all das Leid, dass die Menschen in dieser schweren Zeit während des Krieges und unmittelbar danach erleben mussten. Verluste, Ängste, Unsicherheit, Misstrauen und Hass bestimmten den Alltag und oft ging es vor allem nur ums nackte Überleben. Sehr eindrücklich wird geschildert, wie das nationalsozialistische Gedankengut auch nach dem Krieg noch in den Köpfen weiterlebte. Und auch die Unversöhnlichkeit mit der ein englischer Soldat dem deutschen Soldaten begegnet, obwohl letztlich ja beide nur Marionetten waren und beide Schuld auf sich geladen haben, wird gut dargestellt. Schön war diese Verbundenheit der Geschwister, die sich wie ein roter Faden durch den ganzen Roman zieht und die immer auch das Gute im Menschen betont. Liebe und Zuneigung sind der Schlüssel zur wahren Versöhnung.

Fazit: ein toller Roman mit viel historischem Background

Schmidt Andreas : Hass ist meine Liebe
Kriminalroman
München ; Knaur ; 2025 ; 400 Seiten ; ISBN: 978-3-426-56131-7

Tessa Winkler, Psychologin in Wuppertal, wird von einem Taxifahrer tot in einem Brunnen gefunden. Die beiden Kommissare Mia Sommer und Björn Lassner werden zum Tatort gerufen und übernehmen die Ermittlungen. Sehr bald kommt der Exmann der Ermordeten ins Visier der Ermittler. Er spielt nicht mit offenen Karten und so erhärtet sich der Verdacht, dass er eventuell mit dem Verbrechen etwas zu tun hat. Bereits kurze Zeit später wird die bekannte Theaterchoreografin Ana Lenova tot auf der Holsteiner Treppe aufgefunden. Ihr Partner Gregor kommt ins Visier der Ermittler, denn dieser wurde erst vor drei Monaten aus dem Gefängnis entlassen. Die Ermittler stellen fest, dass beide ermordeten Frauen zusammen in einem Verein aktiv waren, der Kontakte zwischen Frauen und inhaftierten Männern herstellte. Hat dies etwas zu bedeuten? Zeitgleich wird die Rechtsanwältin Frau Schäfer, die ebenfalls im Verein aktiv ist, von einem Unbekannten gefangen gehalten. Als dann auch noch die Umweltaktivistin Merle vor den Waggon der Schwebebahn gestoßen wird und zu Tode kommt, überschlagen sich die Ereignisse. Was steckt dahinter?

Der Auftakt einer neuen Krimireihe um die beiden Ermittler Mia Sommer und Björn Lanssner ist mehr als gelungen. Der Autor liefert einen spannenden Plot mit zwei sehr sympathische Protagonisten. Der Spannungspegel bleibt bis zuletzt aufrecht erhalten und die beiden Kommissare zeigen jede Menge menschliche Gefühle.

Fazit: toller Krimi-Spaß

Evans Virginia : Die Briefeschreiberin
Roman
München ; Goldmann ; 2025 ; 382 Seiten ; ISBN 978-3-442-31784-4

Mit über siebzig schreibt die frühere Juristin Sybil van Antwerp täglich Briefe. Mal an den liebenswerten Nachbarn,  an ihre langjährige Freundin und Schwägerin Rosalie vor allem aber auch an ihren Bruder Felix. Als passionierte Leserin schreibt Sybil aber auch an Autoren und teilt ihnen mit, welche Wirkung deren Werke auf sie haben. Offenbar fällt ihr so der Kontakt zu Menschen wesentlich leichter als wenn sie ihnen von Angesicht zu Angesicht begegnet. In Sybils Leben gab es auch bewegte Momente und Schicksalsschläge. Als Kind erfuhr sie, dass sie adoptiert wurde. Der Tod eines ihrer Söhne im Kindesalter war für die Familie ein Schock und hat letztlich zur Trennung von ihrem Mann und zur Entfremdung von ihren beiden anderen Kindern geführt. Und was niemand weiß: Sybil hat mit einigen Dämonen zu kämpfen und sie plagen vielerlei Schuldgefühle. Noch dazu leidet sie an einer unheilbaren Augenkrankheit, die zur Erblindung führt. Das ist für die Briefeschreiberin und Leserin so eine niederschmetternde Diagnose, dass sie diese erst einmal für sich behält. Als Sybil von ihren Kindern zum Geburtstag einen Gutschein für eine DNA-Analyse geschenkt bekommt, gerät ihr Leben ziemlich durcheinander. Und als wäre das nicht genug, bekommt sie auch noch anonyme Briefe die ebenfalls auf Ereignisse in der Vergangenheit Bezug nehmen.

Dieses Buch ist in jeder Hinsicht lesenswert. Zum einen besteht es ausschließlich aus Briefen und E-Mails, die so geschickt miteinander verwoben sind, dass sich daraus eine tolle Geschichte entspinnt. Durchbrochen wird dieser Reigen aus Briefen immer wieder durch mysteriöse Briefe, die niemals abgeschickt wurden und zum Ende hin lüftet sich auch das Geheimnis, an wen diese adressiert waren. Diese Mischung trägt dazu bei, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen kann. Es greift die großen Lebensthemen Schuld, Vergebung, Liebe und Freundschaft auf und demonstriert, dass es manchmal ein ganzes Leben braucht, um innere Ruhe zu finden.

Fazit: ein ungewöhnliches und absolut empfehlenswertes Buch

Rosa Maya : Moscow Mule
Roman
München ; Penguin Verlag ; 2025 ; 317 Seiten ; ISBN 978-3-328-60394-8

Karina und Tonya verbindet nicht nur, dass sie gemeinsam studieren. Beide kommen aus eher ärmeren Verhältnissen und werden von den Eltern nicht wirklich unterstützt. Vielleicht träumen sie gerade deswegen davon, nach Europa auszuwandern. Doch wie soll das gehen, ohne den entsprechenden finanziellen Hintergrund? Im Gegensatz zu der Elite, die zu Beginn des neuen Jahrtausends in Moskau das Sagen hat und der die ganze Welt offen zu stehen scheint, stellt sich für Karina und Tonya Tag für Tag aufs Neue die Frage, wo sie etwas Essbares oder das Geld für die Zugfahrkarte herbekommen. Gezwungenermaßen müssen die beiden da häufig kreativ sein und verrückte Dinge tun. Doch während sich bei Karina mehr und mehr Deutschland als Wunschziel verfestigt, scheint Tonya doch andere Pläne zu verfolgen. Die einst für unerschütterlich befundene Freundschaft gerät ins Wanken.

Dieses Buch besticht durch einen Erzählstil, der total den Charakteren entspricht und dabei auch all die Themen, die im Buch vorkommen, widerspiegelt. Mal frech, mal nachdenklich, zwischen Komik und Tragik wechselnd und dabei immer diese gewisse Unsicherheit bezüglich der Fragen gehen oder bleiben sowie Träume weiter verfolgen oder aufgeben? Und nebenbei geht es dann auch noch um schwierige Mutter-Tochter-Beziehungen und die rührende Verbundenheit zwischen Großmutter und Enkelin, wobei es der Autorin gelingt, dabei niemals ins Kitschige abzudriften.

Fazit: dieses Debüt muss man gelesen haben!

Engelmann Julia : Himmel ohne Ende
Roman
Zürich ; Diogenes ; 2025 ; 324 Seiten ; ISBN 978-3-257-86556-1

Die fünfzehnjährige Charlie möchte vor allem eins: dazugehören. Doch so einfach ist das nicht. Es scheint als gäbe es zwischen ihr und den anderen eine unsichtbare Barriere und das macht Charlie traurig. Als sich dann auch noch ihre bis dahin beste Freundin Kati von ihr abwendet und ihre Mutter mit einem neuen Mann auftaucht, scheint Charlies Lebensenergie aufgebraucht zu sein. Doch dann tritt Kornelius alias Pommes in ihr Leben und auch wenn der ebenfalls so sein Päckchen zu tragen hat, schafft er es, Charlie neuen Lebensmut zu geben. Die beiden freunden sich an, hängen zusammen ab, schmieden Pläne und plötzlich fühlt sich Charlie nicht mehr allein. Dank Pommes, der neu in ihre Klasse gekommen ist, wird sie nun auch von den anderen gesehen und ist nicht mehr nur die komische Außenseiterin.

Diese Geschichte beinhaltet so viele Themen, die gerade für Pubertierende so wichtig sind. Der Wunsch, akzeptiert zu werden, dazu zu gehören, Teil einer Gruppe zu sein – mit all dem hat Charlie zu Beginn so zu kämpfen. Dann tritt Pommes auf den Plan und schon verändern sich gewisse Gruppenprozesse. Charlie merkt plötzlich, dass nicht nur die anderen der Maßstab sind, dass sie auch auf sich selbst vertrauen und Dinge tun kann, die sie bis dahin für unmöglich gehalten hatte. Selten werden Themen wie Freundschaft, Verrat, Ausgrenzung und Zugehörigkeit so gut in eine Geschichte verpackt, wie dies hier der Fall ist. Wer die Autorin bisher nur als Poetry-Slammerin gekannt hat, wird erstaunt sein, welch tolles Buch sie nun hier vorgelegt hat.

Fazit: sehr schöne Geschichte, die man glatt als Schullektüre empfehlen könnte.

Wood Benjamin : Der Krabbenfischer
Roman
Köln ; DuMont ; 2025 ; 221 Seiten ; ISBN 978-3-7558-0061-3

Tag für Tag fährt Thomas Flett aufs Meer hinaus, um Krabben zu fischen, wie er es von seinem verstorbenen Großvater gelernt hat. Es ist ein harter Job mit einem kargen Einkommen und immer wieder aufs Neue ein Kampf Mensch gegen Natur. Seinen Vater hat Thomas nie kennengelernt. Die Tatsache, dass dieser seine Mutter schwanger im Stich gelassen hat, hat in gewisser Weise Schande über die Familie gebracht und dazu geführt, dass über ihn nicht gesprochen wurde. Tief in seinem Innersten träumt Thomas aber davon, sein Gitarrenspiel zu verbessern, Lieder zu schreiben und damit aufzutreten. Als eines Tages der Regisseur Edgar Acheson auftaucht und von einem Filmprojekt erzählt, für dass sich der Ort Longferry und das Arbeitsumfeld von Thomas perfekt eignen würden, scheint es so, als würden die finanziellen Nöte von Thomas und seiner Mum für eine Weile keine Rolle mehr spielen. Und Thomas bekommt zum ersten Mal das Gefühl, dass das Leben für ihn mehr bereithalten könnte als ein paar Körbe voller Krabben. Edgar lässt sich von Thomas zu unterschiedlichsten Zeiten den Strand und das Meer zeigen und scheint immer besessener von der Idee, den Film vor Ort zu drehen. Doch letztlich bleibt alles so nebulös wie der Nebel von Longferry.

Dieser Roman hat etwas Meditatives. Der Rhythmus von Ebbe und Flut, der auch das Leben des Krabbenfischers Thomas bestimmt und die Nebelschwaden, die übers Meer ziehen setzen die Grundstimmung des Romans. Als der egozentrische Edgar auftaucht, gerät diese ruhige Welt ins Wanken. Doch wie so oft im Leben braucht es manchmal diese Erschütterungen, damit man Dinge hinterfragen und verändern kann. Manchmal reicht die Begegnung mit einem Menschen aus, seinem Leben eine neue  Richtung zu geben oder einen anderen Akzent zu setzen. Auch wenn sich die Dinge am Ende doch ganz anders entwickeln als erhofft, hat sich für Thomas einiges zum Positiven verändert.

Fazit: wer die Bücher von Benjamin Myers mag, wird auch diesen Roman lieben